C. Tuczay: Magie und Magier im Mittelalter

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Titel
Magie und Magier im Mittelalter.


Autor(en)
Tuczay, Christa
Erschienen
München 2003: Deutscher Taschenbuch Verlag
Anzahl Seiten
399 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Peter Mario Kreuter, Redaktion "Südost-Forschungen", Südost-Institut

Über zehn Jahre nach der Erstauflage ihrer Studie über Magie und Magier im Mittelalter legt die Wiener Germanistin Christa Tuczay nun eine überarbeitete Neuausgabe vor. Schon ein kurzes Durchblättern lässt die Fülle an Material erahnen, die die Autorin hier vor dem Leser ausbreitet und analysiert. Allein das Literaturverzeichnis nimmt 43 Seiten in Anspruch.

Christa Tuczay erläutert, wie sich Magie und magische Praktiken im europäi - schen Mittelalter entwickelten. Traditionslinien, die bis in die griechische Antike zurückreichen, verbanden sich mit germanischen und keltischen Einflüssen, die später dann durch jüdische Vorstellungen und arabische Kulturkontakte erweitert wurden. Diese Form der Magie wurde zwar von der katholischen Kirche verdammt und verfolgt, doch wurden zugleich auch magische Riten und Praktiken in die religiösen und kirchlichen Handlungen übernommen. Besonders Teufels- und Dämonenaustreibungen können laut Tuczay als christliche Magie angesehen und bis in die jüngste Zeit verfolgt werden. Doch auch dem Gebrauch von Bibelstellen als Zaubersprüche geht die Autorin nach.

Was an diesem Buch neben der Kompetenz der Autorin und dem Materialreichtum besonders gefällt, ist der zwar wissenschaftliche, aber doch sehr flüssige Schreibstil. Zudem lockert Tuczay ihre Darstellung mit einer Reihe von histori - schen Anekdoten auf, zum Beispiel über Papst Sylvester II., den man lange Zeit für einen sehr mächtigen Magier hielt: Angeblich hatte er ein geraubtes Zauberbuch in seinem Besitz. Sogar ein eigenes Kapitel (S. 81–90) ist der «Zauberei der Päpste» gewidmet.

Doch auch wenn dem Verhältnis von Kirche und Magie breiter Raum gewährt wird, engt Christa Tuczay ihren Blick keinesfalls nur auf diesen Aspekt ein. So lautet ein Kapitel «Jesus Christus – ein Magier?» (S. 43–47), in welchem sie der Theorie des amerikanischen Historikers Morton Smith nachgeht, der behauptet, dass die in den Evangelien beschriebenen Wundertaten Jesu grosse Ähnlichkeiten haben mit magischen Praktiken, die aus Zauberpapyri oder Fluchtafeln bekannt sind. Die Geschichte vom missglückten Flug des Simon von Samaria führt in die Zeit der Apostel zurück, und ein besonderes Augenmerk hat sie auf das Verhältnis von Magie und Naturwissenschaft gerichtet. Wie unscharf diese beiden Bereiche bis in die frühe Neuzeit hinein getrennt waren und welche magische Praktiken sich bei den Wissenschaftlern besonderer Beliebtheit erfreuten, wird von Tuczay akribisch herausgearbeitet und anschaulich präsentiert.

Wichtig ist der Autorin auch eine Diskussion der Begriffe Zauberei und Hexerei. Einer Gleichsetzung der Begriffe verwehrt sie sich und belegt dies, wie auch sonst in ihrer Studie, durch eine Reihe von Beispielen. Breiten Raum nimmt auch die Beschreibung der magischen Praxis ein, insbesondere des Bild- und des Liebeszaubers. Damit wären aber noch nicht alle Themenfelder angesprochen, die in Tuczays Studie berücksichtigt werden. Der Zusammenhang von Magiern und Ketzern, die Strafprozesse gegen Magier, die Bedeutung der wunderbaren Automaten, magi - sche Gestalten der höfischen Literatur, einzelne Personen, denen der Vorwurf der schwarzen Magie gemacht wurde wie beispielsweise Gilles de Rais – wie eingangs erwähnt, ist das Material, welches die Autorin gesichtet hat, kaum zu überblicken. Angenehm ist auch, das die nicht zu zahlreichen Abbildungen die einzelnen Kapitel hervorragend ergänzen, das im Text Beschriebene illustrieren und keinesfalls als blosses Füllsel zur Erhöhung der Seitenzahl dienen.

Wie kann ein Fazit solch eines rundum gelungenen Buches lauten? Christa Tuczay legt eine umfassende Studie über die Magie und die sie praktizierenden Menschen im Mittelalter vor, die sowohl einen allgemeinen Überblick gibt als auch an zentralen Stellen in die Tiefe geht. Eine Fülle an Quellenmaterial wird als Basis der Arbeit herangezogen. Der sachliche und doch lebendige Erzählstil lassen das Buch darüber hinaus zum Lesevergnügen werden. All dies macht Tuczays Arbeit lesenswert sowohl für den Fachmann als auch für den interessierten Laien.

Zitierweise:
Peter Mario Kreuter: Rezension zu: Christa Tuczay: Magie und Magier im Mittelalter. München, Deutscher Taschenbuchverlag, überarbeitete Neuausgabe, 2003. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 55 Nr.1, 2005, S. 123-124.

Redaktion
Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 55 Nr.1, 2005, S. 123-124.

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